Interview mit UOL Team-Manager René “r1valz” Sievert

Wenn in Assetto Corsa Competizione große Events wie die SRO-Esports Serien stattfinden, sind sie meist nicht weit weg: Die Unicorns of Love. Um euch einen kleinen Einblick hinter die Kulissen des Teams und des Esports im Allgemeinen zu liefern, haben wir mit dem Team Manager des Teams, René Sievert ein Interview geführt. Viel Spaß beim Lesen!

Hallo René, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, um dich von uns mit Fragen durchlöchern zu lassen. Damit unsere Leser wissen, mit wem sie es hier zu tun haben, verrate uns doch bitte zu aller Erst deinen Namen und dein Alter.

Mein Name ist René ‘r1valz‘ Sievert und ich bin 23 Jahre alt.

Als Teil der Unicorns of Love hast du schon viele große Erfolge miterlebt. Die meisten Mitglieder eures Teams findet man in der im digitalen Motorsport, aber wie ist das bei dir? Fährst du nur oder übernimmst du auch andere Aufgaben innerhalb des Teams?

Seit 8. September 2020 bin ich als Team Manager bei den Unicorns of Love – Simracing tätig. Abhängig davon, wie es meine Zeit erlaubt, bin auch ich als Fahrer auf der virtuellen Rennstrecke unterwegs.

Wie sehen deine Aufgaben als Team Manager bei UOL aus und wie kann man sich deine Tätigkeit vorstellen?

Meine Aufgaben als Team Manager innerhalb von Unicorns of Love umfasst alles, was nicht mit dem Fahren zu tun hat. Letztendlich nimmt ein Manager dem Fahrer so viel Arbeit wie möglich ab, damit dieser sich einzig und allein auf den Wettbewerb konzentrieren kann.

Mein Schwerpunkt liegt dabei auf der Organisation und Planung von Events, einschließlich der Kommunikation mit Veranstaltern und der Koordination von Terminen für das Team. Dazu gehört auch die Buchung von Flügen und Hotels für Termine außerhalb des virtuellen Rennens sowie die Zusammenarbeit mit Influencern.

Ich koordiniere die Trainings-Abläufe innerhalb des Teams, jedoch funktioniert dies aufgrund der hohen Eigeninitiative der Fahrer meist relativ selbstständig. Als Team Manager kümmere ich mich auch um die Kommunikation mit unseren Partnern und Sponsoren, einschließlich unserer engen Zusammenarbeit mit Mercedes-AMG. Darüber hinaus stehe ich in engem Kontakt mit dem Management unserer Organisation und unterstütze in verschiedenen Aufgabenbereichen, wie der Gestaltung von Fahrerverträgen oder der Kommunikation mit potenziellen Sponsoren.

Da wir ein relativ großes Team sind und zusätzlich zu Unicorns of Love auch das Esport Team von Haupt Racing Team leiten, habe ich im Team Management Unterstützung von Michael Czerwinski, der bei uns im Team auch die Social Media Arbeit übernimmt.

Zusätzlich zu den Aufgaben als Team Manager übernehme ich auch die Umsetzung der Lackierungen unserer Fahrzeuge.

Wie zeitaufwendig ist deine Tätigkeit als Teammanager und gibt es da keine Probleme mit anderen Verpflichtungen?

Während der Saisonvorbereitung ist der Job des Team Managers definitiv ein Vollzeitjob, der einen hohen Aufwand erfordert. Während der Saison pendelt sich der Arbeitsaufwand jedoch ein, so dass ich auch anderen Verpflichtungen wie meinem Studium und Freizeitaktivitäten nachkommen kann. Viele Menschen unterschätzen die Herausforderungen, die mit dem Management eines Teams einhergehen.

Was hast du vor dem Simracing gemacht und wie kam es dazu, dass du Team Manager der Unicorns of Love – Simracing wurdest?

Bevor ich in die Simracing-Szene eingestiegen bin, habe ich mich ausgiebig mit Esport-Disziplinen wie Counter Strike und League of Legends beschäftigt und kannte daher bereits die großen Teams wie eben die Unicorns of Love.

Da meine damaligen Teamkollegen und ich immer höhere Ambitionen im Simracing hatten, wollten wir gerne mit einer professionellen Organisation zusammenarbeiten, um auch nach außen seriöser zu wirken. Ich war der Meinung, dass Simracing stärker in den Esport integriert werden muss, da zu dieser Zeit nur wenige Esport-Teams in dieser Szene aktiv waren. Als die Berührungspunkte mit Simracing bei „UOL“ bereits vorhanden waren, habe ich mich dazu entschieden, das Management der Organisation anzuschreiben. Vivien hat mir das Vertrauen und die Freiheit gegeben, unsere Visionen umzusetzen und so wurde ich Team Manager des Simracing Teams.

Mit Simracing seinen Lebensunterhalt zu verdienen gestaltet sich in der Realität schwierig, übst du neben deiner Tätigkeit als Teammanager noch weitere Jobs aus?

Ich studiere Informatik in Vollzeit. Allerdings habe ich das Privileg, mit meiner Position als Esport-Manager Geld verdienen zu können. Daher bin ich derzeit in keiner weiteren Tätigkeit beschäftigt.

Du hast eben erzählt, dass du dich in der Vergangenheit auch mit anderen Disziplinen wie LoL oder CS beschäftigt hast, kennt man dich vielleicht schon von einem anderen Team? Erzähl doch mal, bei welchen Stationen du bereits Halt gemacht hast.

Obwohl ich meine ersten Schritte im Simracing bereits mit den ersten F1 Games von Codemasters unternommen habe, bin ich vergleichsweise spät einem Simracing-Team beigetreten. Als ich mit Assetto Corsa angefangen habe, hatte ich kaum Rennerfahrung und bin daher zunächst dem Virtual Simracing Team beigetreten. Während meiner Fahrerkarriere in Assetto Corsa verbrachte ich den Großteil meiner Zeit bei den „3 Lustigen 4“. Parallel nahm ich aber auch mit anderen Teams wie German Sim Racing, Wippermann Racing und Red Dot Racing an größeren Serien teil, bevor ich schließlich zu Unicorns of Love gewechselt bin.

Während meiner Zeit bei Unicorns of Love bin ich gelegentlich auch als Gastfahrer für Teams wie Rutronik eRacing oder dem WPS Racing Team (jetzt One FF) aufgetreten.

Um den Fokus mehr auf dein Team zu lenken: Die Unicorns of Love sind eine große Organisation, dies wird ein Team nicht innerhalb von Tagen. Kannst du uns etwas über die Geschichte von UOL erzählen und wie es an die Spitze des Esport gelangt ist?

Unicorns of Love ist eine Multi-Gaming-Organisation, ein Familienunternehmen der Familie Mallant und wurde vom Team Coach des League of Legends Teams Fabian Mallant im August 2013 gegründet.

Fabian Mallant wollte als Spieler ein gutes Team aufbauen und durch interessante Herangehensweisen und gute Strategien, mit diesem Team in die Promotion zur Profiliga der damaligen Europe LCS aufsteigen. Um das Team auch in der EU LCS behalten zu können, musste Unicorns of Love eine Firma gründen und wurde letztendlich vom Underdog in League of Legends zu einer sehr erfolgreichen Esport Organisation. Mitgründer sind CEO Jos Mallant und General Managerin Vivien Mallant.

 

Mit Unicorns of Love habt ihr einen sehr einzigartigen Namen, wie kam es zu diesem sehr einprägsamen Namen?

Vor Unicorns of Love hat Fabian Mallant mit seinem Team unter dem Namen Rainbow Bunny Lovers gespielt, bevor sie sich bei steigendem Erfolg einen seriöseren Namen zulegen mussten.

Allerdings empfand Fabian, dass sich viele Esport-Teams zu ernst und förmlich präsentieren. Für ihn war die Vorstellung, als Underdog mit entsprechendem Namen gegen professionelle Esport Teams zu gewinnen, äußerst amüsant. Zusammen mit Vivien Mallant kam er deshalb auf den Namen “Unicorns of Love”.

Neben dem Simracing, in welchen Bereichen ist UOL derzeit außerdem aktiv?

Unicorns of Love ist in fünf verschiedenen Esports-Titeln tätig. Dazu zählen League of Legends, Valorant, PUBG Mobile, Esailing und wie schon von dir erwähnt, das Simracing.

Was macht das Team so besonders und warum sollte man euch im Auge behalten?

Wie bereits angesprochen, ist Unicorns of Love keine herkömmliche Esport Organisation.

Sowohl in League of Legends als auch im Simracing haben sich die Teams als Underdog immer wieder bewiesen und sich in den größten Serien etabliert.

Unicorns of Love hebt sich durch seine ungewöhnliche Herangehensweise und Strategien von anderen Teams ab. Vor allen Dingen spiegelt sich aber der familiäre Aspekt des Unternehmens in jedem Team wider.

Im Simracing Team haben wir einen unglaublichen Zusammenhalt, wodurch wir einen Workflow und Teamatmosphäre etablieren konnten, der uns zu dem Erfolg geführt hat, den wir heute haben.

Freundschaft und Familie sind auf einem so hohen Niveau im Esport nicht selbstverständlich, aber das macht das Team aus und ich bin froh, ein Teil dieses Teams zu sein und in so einem guten Umfeld mit so unglaublichen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen.

Bekanntlich habt ihr in der Vergangenheit viele Erfolge einfahren können, was wollt ihr noch erreichen, um der „Siegesmüdigkeit“ entgegen zu wirken?

Unser Team hat mit dem Sieg im ERL Spring Cup, beiden Tagessiege des ERWC World Cups oder dem zweiten Platz Overall in der VCO ERWC 2023 in der näheren Vergangenheit bereits einige Ziele erreichen können. Wir haben auch schon einige Erfolge in den SRO-Serien erzielen können, aber unser größtes Ziel bleibt nach wie vor der Gewinn der Meisterschaft in der SRO IGTCE, der SRO PRO SIM und der SRO Sprint Series in Assetto Competizione.

Ohne ein Team kommen Einzelfahrer in der Regel nicht weit, da unter unseren Lesern sicher auch einige talentierte Simracer ohne einer Teamzugehörigkeit zu finden sind, erkläre uns doch bitte wie man Mitglied eures Teams werden kann und welche Personen am Aufnahmeprozess beteiligt sind? Betreibt ihr auch Talentförderung oder eine Art “Junior-Team”?

Der Aufnahmeprozess bei Unicorns of Love ist für externe Fahrer aufgrund unserer familiären und freundschaftlichen Atmosphäre im Team sehr anspruchsvoll. Wir sind bereits ein sehr großes Simracing-Team und nehmen in der Regel nur dann neue Fahrer unter Vertrag, wenn ein bestehendes Teammitglied das Team verlässt. Da wir derzeit kein Academy-Team haben, kommen nur Fahrer in Frage, die ihre Fähigkeiten bereits in Assetto Corsa Competizione unter Beweis gestellt haben und gut in unsere Atmosphäre passen könnten. Wir gehen meist selbst auf Wunschkandidaten zu und entscheiden gemeinsam nach intensiven Gesprächen, ob der Fahrer ins Team passt. An diesem Prozess beteiligen sich alle Mitglieder des Teams.

Im RennWelten „Kosmos“ seid ihr überwiegend durch ACC bekannt, dabei seid ihr auch in anderen Sim’s sehr erfolgreich unterwegs und konntet schon eine große Turniere gewinnen, erzähl uns doch mal mehr über die anderen Sim’s und die Erfolge die ihr dort verzeichnen konntet.

Für mich persönlich zählt der zweite Platz Overall im Esport Racing League World Cup 2023 zu unseren größten Erfolgen im Team. Das Turnier hat gezeigt, dass wir nicht nur in ACC, sondern auch in iRacing und RF2 zu den besten Simracing Teams gehören und konkurrenzfähig sind.

Im vergangenen Jahr haben wir bereits den Tagessieg im ACC errungen und auch die Meisterschaft im VCO ERL Spring Cup für uns entschieden. Seitdem haben wir uns kontinuierlich weiterentwickelt, um auch jenseits von ACC wettbewerbsfähig zu sein.

Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn ein so langer Prozess letztendlich Früchte trägt.

Bei RennWelten sind nicht nur Profis auf der Strecke unterwegs sondern auch Neulinge oder Fortgeschrittene die ehrgeizig ist und hoch hinaus wollen. Was empfiehlst du Neulingen im Esport bei ihren ersten Schritten?

In erster Linie sollte einem bewusst sein, dass kompetitiver Esport sehr zeitintensiv ist und deshalb mit viel Aufwand verbunden ist. Daher würde ich Neulingen zunächst empfehlen, sich für ein Spiel zu entscheiden und sich auf die Grundlagen des Spiels zu fokussieren, um an den eigenen Fähigkeiten intensiv arbeiten zu können.

Für viele ist es schwierig, trotz großem Trainingsaufwand einen Fortschritt zu erreichen. Eine gute Möglichkeit dieser Stagnation entgegenzuwirken ist es, abseits vom Training auch Spiele von Profis anzuschauen und zu analysieren, um so auch neue Mechaniken erlernen zu können.

Es ist äußerst wichtig, sich mit anderen Spielen zu vernetzen. Gerade in Bezug auf Simracing hilft es, einem bereits etablierten Team beizutreten, damit man gemeinsam an Setups und der eigenen Pace arbeiten kann. Aber auch Community-Events und Turniere könnten helfen, sich stetig weiterzuentwickeln.

Eine gesunde Lebensweise, einschließlich regelmäßiger Pausen und körperlicher Aktivität, trägt ebenfalls dazu bei, dass man sich in einem kompetitiven Umfeld wohl fühlt und produktiv bleibt.

Spielt das Alter bei euch im Team hinsichtlich Reaktion und/oder Verhalten eine Rolle?

Ich denke, dass Nils Naujoks das beste Beispiel dafür ist, dass im Simracing das Alter für den Erfolg zweitrangig ist. Natürlich hat man im jungen Alter mehr Zeit, um den Erfolg anzustreben, aber Erfahrung ist unglaublich wertvoll. Unser Team besteht fast ausschließlich aus jungen Fahrern, daher kann ich innerhalb des Teams dazu relativ wenig sagen.

Was zeichnet Assetto Corsa Competizione aus und warum lohnt es sich für euch, dort aktiv zu sein? Habt ihr einen “Erzrivalen” den es zu Schlagen gilt?

Unsere Ursprünge liegen im Vorgänger von ACC. Als wir uns höhere Ziele setzen wollten und den internationalen Durchbruch anstrebten, bot uns ACC die besten Voraussetzungen um eine solide Basis für unseren Erfolg zu schaffen. Im Gegensatz zu iRacing, wo selbst talentierte Fahrer gegenüber erfahrenen Fahrern einen Nachteil haben, bietet ACC eine realistische Physik-Engine, fantastische Grafik, interessanten Content und eine unglaubliche Community. Der Esport wird durch eine echten Motorsport Organisation unterstützt und Automarken wie Mercedes-AMG unterstützen Teams wie uns, um im kompetitiven Umfeld erfolgreich zu sein.

ACC ist jetzt schon seit 2018 (Early Access mitberücksichtigt) auf dem Markt, der Content erscheint nur zögerlich und die Kommunikation der Entwickler ist eher zurückhaltend, wie seht ihr die Zukunft auf dieser Plattform und welche Alternativen seht ihr für die Zukunft?

Im Sommer letzten Jahres hatten wir die Möglichkeit erste Einblicke in Rennsport zu bekommen, haben es für 2023 aber leider nicht in das Esport Programm geschafft.

Da Kunos sich bereits auf die Entwicklung von AC2 konzentriert, wird 1.9 höchstwahrscheinlich das letzte große Update für ACC sein. Für die Zukunft müssen wir uns daher nach Alternativen umsehen.

Ich denke, dass Rennsport eine vielversprechende Vision für Esport im Simracing bietet, von der Alpha-Version war ich bereits sehr beeindruckt. Wir müssen hoffen, dass die Entwicklungen in die richtige Richtung gehen, aber ich bin sicher, dass Simracing in Zukunft immer größer wird.

Da SRO in Zusammenarbeit mit AK Informatica dieses Jahr auch eine LAN-Serie an den Rennen der SRO GTWC veranstaltet, habe ich aber ebenso Hoffnung, dass auch Kunos Simracing Esport in Zukunft weiterhin ernst nimmt. Die Verbindung von SRO zu Kunos sorgt dafür, dass Motorsport sich immer weiter mit Simracing verbindet, diese Entwicklung sollte für uns alle ein großer Vorteil sein.

Vielen Dank René, für das sehr umfangreiche Interview, das sicherlich vielen Lesern einen tollen Einblick in eure Organisation, dem Esport und den Zukunftsaussichten gibt.

Das Interview wurde von Jan Biermann geführt.